In seinem Lied besingt ein bekannter deutscher Liedermacher bereits vor 25 Jahren seine „entfernten Namensvettern“, die kaum mehr anzutreffen seien. Leider muss ich die Beobachtung bestätigen, muss ich mich weit zurückbesinnen, um Erinnerungen an die grossen Flugjahre hervorzukramen. Lokal (z.B. im Wallis) habe ich diese Krabbler in den letzten zehn Jahren noch in geringer Zahl gesehen, aber wirklich nur vereinzelt.
In den letzten Tagen haben uns aber die emsigen Tierchen überrascht. Wir sind noch in der ersten Hälfte des launischen Monats April, der sich im diesem Jahr allerdings zu Beginn wieder einmal sehr recht mild zeigt. Trotzdem staunten wir nicht schlecht, als wir den Maikäfer auf dem Kiesplatz vor dem Bahnhof in Sargans kriechen sah. Wir waren unterwegs ins Ländle, das Fürstentum Lichtenstein. Hier im Hauptort begegnen uns die Käfer abends in grosser Zahl, wie ich sie, wie schon erwähnt, sicher mehr als 20 Jahre nicht mehr gesehen habe. Möglicherweise ist hier in diesem Jahr ein Flugjahr.
Wahrscheinlich lockt das warme Wetter dieser Tage die Tiere aus der Erde zu ihrem Paarungsflug.
Leider gibt es aber auch Fallen für die Insekten. Die Kirche von Vaduz wird mit 2 grossen Halogenstrahlern erleuchtet. Das Licht zieht die Insekten an und auf dem heissen Glas werden sie dann verbrannt. Dabei verbreitet sich ein fürchterlicher Geruch, wie wenn ein grosser Friseursalon die abgeschnittenen Haare des Tages in einem Feuer verbrennen würde….
Hier noch der vollständige Text von Reinhard Mey:
Wenn ich vor dem neuen Parkhaus stehe, denk‘ ich manchmal dran,
Wie das früher hier mal aussah, eh‘ der große Bau begann:
Da, gleich an der Einfahrt, an der Kasse, da war Schlüters Haus
Und gleich dort, neben der Schranke, da wohnte die alte Kraus.
Bei der stieg ich regelmäßig jedes Frühjahr über‘n Zaun,
Und genauso regelmäßig wurde ich dafür verhau‘n.
In den Garten wagten sich die Nachbarskinder nicht und so
Gab‘s darin zur Maikäferzeit viel mehr als sonst anderswo.
Ich seh‘ mich noch heute loszieh‘n mit dem großen Schuhkarton,
Mit den Luftlöchern im Deckel zu mancher Expedition;
Und ich rüttelte an Bäumen, und ich wühlte auch im Moos,
Die Erfolge waren prächtig und mein Trickreichtum war groß.
Würd‘ ich heut noch einmal loszieh‘n, blieb mein Schuhkarton wohl leer;
Selbst ein guter Käferjäger
Brächte keinen Schornsteinfeger,
Keinen Müller, erst recht keinen Kaiser her:
Es gibt keine Maikäfer mehr, es gibt keine Maikäfer mehr!
Hin und wieder sah der alte Schlüter meine Beute an.
Der war Maikäferexperte und erinnerte sich dran,
Daß die Käfer damals eine Plage waren, daß sogar
Dem, der die meisten einfing, eine Prämie sicher war,
Daß die Kinder schulfrei kriegten für den Maienkäferfang,
Und er sagte, daß ihm damals mancher schöne Coup gelang.
Und die Zahlen, die er nannte, die beeindruckten mich tief,
So daß ich mit meiner Beute fast beschämt nach Hause lief.
Wenn ich heut‘ noch einmal halb so viel wie damals fangen könnt‘,
Würd ich wohl‘ zum König aller Maikäfersucher gekrönt.
Nicht, daß ich vergessen hätte, wie und wo man welche fängt,
Oder aus dem Alter raus bin, wo es einen dazu drängt.
Nein, würd‘ ich noch einmal loszieh‘n, blieb mein Schuhkarton wohl leer;
Selbst ein guter Käferjäger
Brächte keinen Schornsteinfeger,
Keinen Müller, erst recht keinen Kaiser her:
Es gibt keine Maikäfer mehr, es gibt keine Maikäfer mehr!
Es gibt wichtigere Dinge, aber ich schreibe trotzdem
Auf ein Birkenblatt die Noten für ein Käferrequiem.
Es gibt sicher ein Problem, dessen Erforschung sich mehr lohnt
Als, warum denn heut‘ im Parkhaus wohl kein Maikäfer mehr wohnt.
Warum kriecht im Eichbaum, der davorsteht, keiner im Geäst?
Wenn mir diese Frage letzten Endes keine Ruhe läßt,
Dann vielleicht, weil ich von ihnen einst gelernt hab‘, wie man summt,
Wie man kratzt und wie man krabbelt, wie man zählt und wie man brummt,
Wie man seine Fühler ausstreckt und natürlich, weil ich find‘,
Daß sie irgendwie entfernte Namensvettern von mir sind.
Vielleicht ängstigt mich ihr Fortgeh‘n, denn vielleicht schließ‘ ich daraus,
Vielleicht geh‘n uns nur die Maikäfer ein kleines Stück voraus.
Denn würd ich noch einmal loszieh‘n, blieb mein Schuhkarton wohl leer;
Selbst ein guter Käferjäger
Brächte keinen Schornsteinfeger,
Keinen Müller, erst recht keinen Kaiser her:
Es gibt keine Maikäfer mehr, es gibt keine Maikäfer mehr!