Was mir in den ersten Tagen hier in Japan auffällt, ist mit welchem Respekt der Japaner seinen Mitmenschen gegenübertritt. Es mag uns manchmal seltsam erscheinen, wie sie sich mehrmals voreinander verbeugen. Die Anrede für alle Personen ist …-san, Erika-san, Ur(u)s-san, Hanna-san oder Ursula-san zum Beispiel. Bei der Begrüssung verneigt man sich gegenseitig und beim Verabschieden ebenso. Das ist keineswegs unterwürfig gemeint, wie wir es verstehen könnten. Der Japaner versteht es durchaus, dass die ausländischen Gäste das nicht so gewohnt sind, aber wenn sie sich ein wenig anpassen und das auch so handhaben, hat man sie schon für sich gewonnen.
Es ist aber keineswegs so, dass nur die Älteren von den Jungen Respekt einfordern, wie man das bei uns manchmal noch erlebt. Sie zeigen den Jungen gegenüber auch den selben Respekt, wie sie ihn von denen erwiesen erhalten.
Genauso werden Polizisten und andere Uniformierte respektiert, sie zeigen aber ebenso Respekt den Menschen gegenüber und sind hilfsbereit. Ich glaube auch kaum, dass ein Japaner sich beschweren würde, wenn er gebüsst würde. Mir ist in Tokyo ein Polizist besonders aufgefallen, der bei einem Unterhaltsfahrzeug, das hinter einer Kurve die linke von zwei Fahrbahnen blockierte, den Verkehr regeln musste. Er zeigt mit seinem Leuchtstab sehr deutlich an, dass die Spur nach rechts gewechselt werden soll, mit einer Geste, als würde er ein Fahrzeug seitlich dahin schieben. Auch im Zug der Kontrolleur oder auch die Dame mit der Minibar verneigt sich noch einmal, wenn er oder sie den Wagen verlässt und zum nächsten geht. Auch im Bad ist dieser Respekt einander gegenüber spürbar. Die Japaner haben die Diskretion wohl erfunden. Das kommt wohl daher, dass sie seit jeher auf engstem Raum zusammenleben müssen. Da versucht jeder, den Nachbarn möglichst nicht zu belästigen, lässt sich auch kaum belästigen und tut so, als ob er den Nächsten gar nicht wahrnimmt, ausser er braucht Hilfe. Von ihnen können wir viel lernen…